Bundesliga/2.Bundesliga/3.Liga: „Schöne Sommerpause, ihr Versager" – Kurvenschau


Herzlich willkommen zur letzten Ausgabe der Kurvenschau in der Saison 2024/25. Und womit könnte man dieser Tage passender beginnen als mit einem Platzsturm? Dass das Auftreten dieses Phänomens in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, ist nicht von der Hand zu weisen. So brachen auch beim 1. FC Köln am Sonntag wortwörtlich alle Dämme, nachdem der Effzeh durch ein beeindruckendes 4:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern nicht nur den Aufstieg in die Bundesliga, sondern auch die Zweitliga-Meisterschaft perfekt gemacht hatte.

Während es vergangene Woche beim Platzsturm des HSV noch mehrere Verletzte gegeben hatte, verlief die Party bei den Kölnern ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Die Bedeutung der Partie sorgte schon vor und während der 90 Minuten für eine besondere Atmosphäre. Die Geißböcke hätten theoretisch noch komplett aus den Aufstiegsrängen fallen können ...

... während die Gäste aus Lautern noch Chancen auf den Relegationsplatz hatten. Dementsprechend heiß ging es sowohl im Gästeblock ...

... als auch im Heimbereich her.

Den Kölnern hatten bereits am Samstag ihre Fanfreunde aus Dortmund Glück gewünscht. Doch auch für den BVB ging es am letzten Spieltag noch um sehr viel, genauer gesagt um die Qualifikation für die Champions League.

Passend zum Thema „Internationales Geschäft" präsentierte die Südtribüne eine bilinguale Choreografie, die der Sektion Stadionverbot gewidmet war.

Das wohl spannendste Endspiel um die internationalen Plätze fand an diesem Spieltag in Freiburg statt. Die Ausgangslage war klar: Der Gewinner der Partie des SC gegen Eintracht Frankfurt würde in der Champions League starten, während der Verlierer auf den Ausgang des Spiels in Dortmund schauen müsste. Vor der Partie gab es einen Fanmarsch der Freiburger zum Europa-Park-Stadion.

Die Breisgauer sind für ihre Demut und Genügsamkeit bekannt sowie dafür, damit ab und zu übers Ziel hinauszuschießen. Als mittlerweile gestandener Bundesligist, der in zwei der vergangenen drei Jahren europäisch gespielt hat, vor einem Endspiel um die Champions League den Klassenerhalt zu feiern, ist in etwa so, als würde sich Lamine Yamal demnächst freuen, auch nächste Saison noch einen Profivertrag beim FC Barcelona haben zu dürfen.

Ha! Haben wir sie erwischt! Da haben also doch ein paar Freiburger das Wort Champions League in den Mund genommen.

Championsleaguereif waren die Fans der Freiburger allemal, motivierten sie ihre Schützlinge doch vor Anpfiff mit dieser Choreo ...

... und unzähligen Luftschlangen.

Doch auch die Frankfurter Fans zeigten sich gewappnet für das Duell und hatten schließlich das bessere Ende für sich. Die Eintracht gewann 3:1 und darf nächste Saison in der Königsklasse ran, während der SC Freiburg „nur“ in der Europa-League startet. Oder in den Worten der Breisgauer: Knapp der Relegation entgangen.

Die Szenen nach Abpfiff der Bundesligapartie zwischen dem FC Sankt Pauli und dem VfL Bochum sehen auf den ersten Blick nach einem Platzsturm aus, weshalb es auf den gängigen Social-Media-Plattformen sofort Hohn und Spott setzte. Ein Platzsturm nach einer 0:2-Niederlage gegen die bereits abgestiegenen Ruhrpottler? Wie peinlich! In Wirklichkeit war diese gemeinsame Feier mit den Fans schon vor Anpfiff geplant, auf dem Feld gab es Musik und Freigetränke. Nicht nur der Klassenerhalt wurde gefeiert, sondern auch die erfolgreiche Gründung der Genossenschaft, die knapp 30 Millionen Euro eingenommen hatte.

Die Party hatten sich der Kiezklub und seine Fans nach dieser Saison und dem damit einhergehenden Klassenerhalt auch redlich verdient. Auch wenn die Hamburger im letzten Heimspiel einen unrühmlichen Rekord egalisierten. In elf der 17 Partien am Millerntor gelang den Schützlingen von Alexander Blessin kein eigener Treffer. Das hatte bisher nur Tasmania Berlin 1965/66 geschafft. Daran änderte auch die wieder einmal erstklassige Unterstützung der eigenen Anhänger nichts ...

... die mit dieser bildlichen Darstellung einer Sisyphosarbeit durchaus die Versuche der eigenen Kicker, ein Heimtor zu erzielen, gemeint haben könnten.

Im Auswärtsblock der bereits abgestiegenen Bochumer hieß es Abschied nehmen. Nicht nur von der Bundesliga, sondern auch von den beiden verdienten Spielern Anthony Losilla und Cristian Gamboa. Während ersterer bereits vergangene Woche seine eigene Choreografie bekommen hatte, war an diesem Spieltag Gamboa dran. Der Verteidiger absolvierte insgesamt 141 Partien für den VfL.

Außerdem verabschiedeten sich die Fans von Erwin Steden. Der ehemalige Stadionsprecher, der außerdem ganze 50 (!) Jahre im Nachwuchs des Klubs tätig war, war vor Kurzem noch für seine 75-jährige Mitgliedschaft im Verein ausgezeichnet worden. Nun ist er im Alter von 91 Jahren verstorben.

Vor allem in solchen Zeiten ist es wichtig, dass sich die Fans zum Verein bekennen und auch kommende Saison in der 2. Bundesliga weiter lautstark unterstützen. Da machen wir uns beim VfL Bochum allerdings keine Sorgen.

Wir bleiben bei Verabschiedungen und schauen nach Darmstadt. Tobias Kempe, der seine Karriere wohl im Sommer beendet, absolvierte am Sonntag seine letzte von insgesamt 285 Partien für den SV Darmstadt 98. Zur Feier des Tages zierte sein Konterfei die Jonathan-Heimes-Tribüne.

Anschließend durfte er seine Bewerbung als Vorsänger abgeben. Fazit: Vielversprechend!

Das Karriereende ist bei Ibrahim Maza noch in weiter Ferne. Doch trotz seines jungen Alters von 19 Jahren und „nur“ 51 Einsätzen für die Profis erhielt das Herthaner Eigengewächs einen Abschied, der einem alten Haudegen würdig war. Die Ostkurve schenkte dem hochbegabten Zehner, der für 12 Millionen Euro zu Bayer Leverkusen wechselt, ein Bild als Andenken, skandierte immer wieder seinen Namen und beide Seiten sprachen sich in Reden ihre tiefe Zuneigung aus. Eine Prozedur, die im schnelllebigen Fußballgeschäft zur Seltenheit geworden und deshalb umso schöner ist.

Wehmut zum Abschied auch in Verl. Nach zweijähriger Zusammenarbeit verlässt Trainer Alexander Ende den SCV im Sommer – die Fans bedankten sich am Samstag für sein Engagement.

Deutlich länger waren Norman Theuerkauf und Vitus Eicher im Dienst des 1. FC Heidenheim.

Wie erklärt man den Saisonabschluss auf Schalke jemandem, der die vergangenen Jahre den Fußball nicht genau verfolgt hat? Wie erklärt man, dass der – was Mitgliederzahlen angeht – drittgrößte Verein Deutschlands am 34. Spieltag der Zweitligasaison theoretisch noch hätte absteigen können und gegen die SV Elversberg als klarer Underdog in die Partie ging. Und dass trotz all des Leids, das ihnen in den vergangenen Jahren zugefügt wurde, wieder über 60.000 Zuschauende ihren Weg in die Veltins-Arena fanden und die neue Tradition der Schalker ehrten, dass am letzten Heimspieltag einer Saison der Oberrang in Blau und der Unterrang in Weiß erscheint. Und dass diese Anhänger trotz teils katastrophaler Leistungen ihrer Mannschaft auch am letzten Spieltag wieder eine Choreo darboten, auf der „Fussballclub ...

... Gelsenkirchen-Schalke ...

... seit 1904 E.V." zu lesen war. Die ganze Situation ist so absurd, dass auch die Fans zu ungewöhnlichen Maßnahmen griffen. Nach dem Rückstand drehte sich die Nordkurve vom Spielfeld weg und verbrachte große Teile der ersten Halbzeit auf diese Art und Weise. Es wurde lautstark von der Deutschen Meisterschaft und dem Gewinn des DFB-Pokals gesungen, der Klassiker „Oh wie ist das schön" wurde ausgepackt und sogar eine La-Ola-Welle schwappte durch die Arena. Eine maximale Demütigung für die eigenen Spieler.

Im Laufe der zweiten Halbzeit war der Nordkurve nicht mal mehr nach Galgenhumor und sie stellte (mal wieder) den Support ein. Trocken und humorlos war auch dieses Banner, das die Stimmungslage auf Schalke ganz gut zusammenfasst.

Kontrastprogramm in Karlsruhe, wo sich die Gästefans des SC Paderborn trotz des knapp verpassten Aufstiegs für eine starke Saison bedankten.

Auch der 1. FC Magdeburg verpasste den Aufstieg in die Bundesliga letztlich knapp, spielte aber trotzdem eine beeindruckende Saison – was sicherlich nicht zuletzt auch mit den stets lautstarken Anhängern zu tun hat. Rang fünf ist gleichbedeutend mit der besten Platzierung seit der Wende.

Auf die Wende hatten auch die Kieler Fans lange gehofft, doch die große Schlussoffensive in der Tabelle blieb aus. So müssen die Störche nach einem Jahr in der Bundesliga direkt wieder runter – allerdings nicht, ohne sich in Dortmund gebührend zu verabschieden.

Auch die Ulmer müssen nach einem Jahr wieder runter – allerdings aus der zweiten in die dritte Liga. Und das trotz teilweise wirklich ansehnlichen Fußballs. Die Fans honorierten die Bemühungen ihrer Schützlinge, bedankten sich bei den Spielern sogar für die Saison ...

... und verabschiedeten sich mit einem Knall.

Zur Feier des Aufstiegs in die zweite Bundesliga tauchten die Fans von Dynamo Dresden ihr Stadion in die Vereinsfarben.

Hier nochmal für alle, die in Dresden in den vergangenen Wochen unterm Stein gelebt haben.

Auch Energie Cottbus wäre gerne in die zweite Liga aufgestiegen, musste sich allerdings zu Hause gegen den FC Ingolstadt deutlich mit 1:4 geschlagen geben, sodass man sich im Nachhinein fragen muss: Haben die Spieler den Rausch, den die Fans hier ansprechen, etwas zu ernst genommen?

Wie in einem Rausch vergehen die vergangenen Wochen für die Anhänger von Arminia Bielefeld. Nicht nur steht kommende Woche das DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart an, man steigt auch noch als Drittliga-Meister auf. Die Ostwestfalen feierten dabei aber nicht nur sich selbst ...

... sondern schickten auch Glückwünsche an ihre Fanfreunde vom HSV.

Glückwünsche von den Bremer Fans darf der HSV keine erwarten. Außerdem waren die viel zu sehr mit ihrer kleinen, aber feinen Choreo beschäftigt, die aus zwei Teilen bestand. Grün-Weiß bestimmte den ersten Part ...

... während der zweite Teil in den Farben des Stadtwappens gehalten war.

Wo wir gerade bei der Rivalität zwischen dem HSV und Werder Bremen waren: Die zwischen dem FC Bayern München und 1860 München ist ähnlich historisch und erhielt am Wochenende neue Nahrung. Während die Löwen bei ihrem letzten Heimspiel hellblaue Nebelschwaden durch das Stadion wabern ließen …

... hatten sich auf einem benachbarten Hochhaus Bayern-Fans platziert, die begleitet von einem Banner mit der Aufschrift „München ist rot“ in der entsprechenden Farbe zündelten. Papstwahl München-Style.

Wollen auch ein Wörtchen bei der Wahl mitzureden haben: Die Gladbacher bei ihrem letzten Heimspiel der Saison gegen den VfL Wolfsburg ...

... dessen Anhänger an die Gründung von vor 80 Jahren erinnerten.

Deutlich älter ist, wie der Name schon sagt, 1860 München, das am Samstag sein 165-jähriges Bestehen feierte.

Wir kommen zum Ende dieser Ausgabe und damit zum Ende der Kurvenschau in der Saison 2024/25. Und nun? Was tun in der Sommerpause so ganz ohne Ligafußball? Die Kölner machen es beim Platzsturm vor. Vielleicht endlich auch mal am Wochenende ein bisschen mehr mit seinen Freunden oder seiner Familie abhängen ...

... oder in den Urlaub fahren und Rasen – äh, Sandburgen bauen. Wir wünschen euch einen schönen Sommer und freuen uns jetzt schon auf die erste Ausgabe in der kommenden Saison!
11freunde